Die Sinne sind die ersten Fähigkeiten, die sich in uns ausbilden und vervollkommnen. Sie sollten also am meisten gepflegt werden (...).
Die Sinne üben, heißt nicht nur sie gebrauchen, sondern lernen, mit ihrer Hilfe richtig zu urteilen.
 Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)
 
Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass die sinnliche Wahrnehmung weder geübt noch erweitert werden muss. Das reibungslose Funtkionieren unserer Sinne wird als selbstverständlich betrachtet. Allerdings leben wir heute in einer Welt, in der künstliche Geschmacksstoffe die aus der Natur längst verdrängt haben und Kunststoffgegenstände unseren Lebensalltag bestimmen.
 
Kinder benötigen jedoch ausreichende Möglichkeiten, ihre Sinne zu schulen.
Hier bietet sich der Bereich der Ernährungserziehung an.
 
Wie in allen Lebensbereichen spielt auch im Kindergarten das Essen und Trinken eine wichtige Rolle. Dies gilt vor allem für Einrichtungen, in denen Kinder mehrere Mahlzeiten - Frühstück, Mittagessen und Nachmittagsmahlzeit - zu sich nehmen. In  fast allen Kindertageseinrichtungen ist das inzwischen der Fall.
 
Das Vorschulalter ist ein besonders Erfolg versprechender Zeitpunkt für die Ernährungserziehung. Kinder in diesem Alter eignen sich ihr Ernährungsverhalten noch auf der emotional-pragmatischen Ebene an, wobei die Bezugspersonen aufgrund ihrer Vorbildfunktion eine prägende Wirkung ausüben. Wenn Kinder in den Kindergarten kommen, haben sie bereits eine Prägung durch die familiäre Ernährungsweise erfahren. Ihr Ernährungsverhalten ist allerdings noch nicht so gefestigt, dass es im Kindergarten nicht verändert werden könnte.
 
Unser Verhalten im Allgemeinen, aber besonders unser Ernährungsverhalten wird nachhaltig von den Ereignissen beeinflusst, die es auslöst. Positive Konsequenzen stabilisieren es, negative unterdrücken es. Ein guter Geschmack (z.B. süß) ist ein starkes Motiv. Die Androhung, dass beim Verzehr von zu vielen Süßigkeiten Karies entsteht, ist für Kinder als negative Konsequenz so weit weg, dass dieser Appell ins Leere laufen muss.
 
Besser ist es, die Kinder mit allen Sinnen natürliche Lebensmittel erfahren zu lassen, um so ein positives Ernährungsverhalten zu fördern.
 
Wenn wir mit einem Lebensmittel konfrontiert werden, so prüfen wir es zunächst durch unseren Sehsinn und untersuchen, ob dessen äußeren Merkmale auf Genießbarkeit hinweisen und die Lust zum Essen anregen.
Nach der visuellen Beurteilung erfolgt in der Regel die taktile Prüfung. Dabei wird das Lebensmittel mit den Händen hinsichtlich seiner Oberflächenbeschaffenheit, seines Gewichtes, seiner Konsistenz und seines Reifezustandes untersucht.
Haben wir bis dahin keine negativen Eigenschaften entdeckt, schließt sich eine Überprüfung der geruchlichen Eigenschaften an. Erst wenn die "Geruchsprobe" bestanden ist, beginnt die eigentliche Nahrungsaufnahme.
 
Auch beim  Essen selbst spielen die verschiedenen Sinnessysteme eine Rolle. Um den Gesamteindruck eines Lebensmittels wahrnehmen zu können, benötigen wir unseren Geschmackssinn in Kombination mit unserem Geruchssinn genauso wie den Tastsinn, den Hörsinn oder die Temperaturempfindung usw.
 
Um Kindern einen Anreiz zur Erkundung von Lebensmitteln mit all ihren Sinnen zu geben, eignet sich ein Sinnesparcours hervorragend. Dieses Projekt wird in einem eigenständigen Kapitel beschrieben.